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Sonntag, 5. Juni 2016

BARFUSS DURCH DIE HÖLLE (JP, 1959-1961)

Es ist die beinahe absolute Entmenschlichung und Barbarei, auf die Kaji in Masaki Kobayashis BARFUSS DURCH DIE HÖLLE irgendwie reagieren muss, um – wie er selbst sagt – noch ein Mensch sein zu können. Der linksorientierte und pazifistische Protagonist versucht in all der gesellschaftlichen und politischen Misere noch irgendwie seine ideologische Überzeugung und sein Gesicht zu wahren.

Kaji wird auf grausame Art und Weise schon im Kern der Ausübung seiner theoretischen Ideale auf den Boden der Tatsachen geholt. Sein antiintellektuelles Umfeld hält seine selbstgeschaffenen Probleme für die alternativlose Realität und allerspätestens in der unausweichlichen Kriegssituation bleibt kein Raum mehr zum Diskurs über die conditio humana, die dem Werk sowohl im Original als auch in der englischen Übersetzung den viel passenderen Titel THE HUMAN CONDITION gibt.

Kobayashi wagt einen der wenigen Versuche des japanischen Films, die Kriegsverbrechen des eigenen Landes aufzuarbeiten und die Anklage dabei nicht gegen irgendwelche äußeren Einflüsse, sondern auch die Japaner selbst zu richten. Das Grauen des Krieges und der Gewalt findet sich hier nicht bloß in Kriegsbildern – die in ihrer klassischen Form auch erst nach einigen Stunden zu sehen sind – sondern bereits in der Gestik, Mimik und Sprache einer ständig nach unten tretenden, durchmilitarisierten, faschistischen Gesellschaft, in der ein Krankenhaus kein Krankenhaus, sondern Schlafkammer für Soldaten, eine Krankenschwester keine Krankenschwester, sondern Offizierin und ein Bergwerk kein Bergwerk, sondern Kriegsschauplatz ist und in der das eigenständige Denken schon längst beseitigt wurde.

Ach ja: Zu sagen, Kobayashis monumentale Filmtrilogie sei visuell und inszenatorisch beeindruckend, ist eine kriminelle Untertreibung. In Deutschland wurde das Meisterwerk seinerzeit übrigens unverantwortlicher- und unbegreiflicherweise um satte zweieinhalb Stunden erleichtert und filmfeindlich zusammengestaucht (manche würden "andere Schnittfassung" dazu sagen).

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